Die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) steht in Schleswig-Holstein als „stark gefährdet“ auf der Roten Liste und bedarf unseres besonderen Schutzes. Ihr Lebensraum wird durch stetigen Verlust kleiner, weil Landwirtschaft, Wohnungsbau, Industrie- und Gewerbeansiedlung sowie Straßenbau tagtäglich immer mehr Flächen fordern. Die Folgen dieses Raubbaus verbleibender Naturflächen sind unübersehbar. Die Zerstückelung der Landschaft führt dazu, dass ursprüngliche Lebensbereiche für Pflanzen und Tiere zu isolierten kleinen Inseln werden, die durch Infrastruktur getrennt sind. Der lapidare Hinweis, Tiere könnten ja „vergrämt“ werden und aus eigener Kraft andere Lebensräume erobern, greift leider oft nicht.
Zahlreiche Lebewesen fallen vielmehr über kurz oder lang diesen Eingriffen zum Opfer, weil Nahrung, lebenswichtige Biotope (z.B. Gewässer, Moore) oder genetische Vielfalt schwinden (vgl. Zunahme von Missbildungen bei Rotwild). Viele Tiere haben geringe Chance zur Flucht aufgrund ihrer körperlichen Fähigkeiten (Reptilien, Amphibien, Igel usw.) Daher ist der Schutz verbleibender Populationen dringend erforderlich, beispielsweise durch Grüntunnel, Grünbrücken, Vernetzung von Lebensräumen (z.B. ökologische Trittsteine, das „Grüne Band“ oder Rückgewinnung zerstörter Biotope) und Umsiedelung bedrohter Arten. Beispiele im Kreis Segeberg: Fledermäuse (Vermeidung von Lichtverschmutzung und Erhaltung von Einflugschneisen zu Nahrungsgebieten oder Ruheplätzen) und Haselmäuse (extrem engen natürlichen Bewegungsradius bedenken).
Informationen zu gefährdeten Arten bieten u.a. die Rote Liste des WWF über bedrohte Tier-, Pflanzen- und Pilzarten (Stand 15.10.2025), die neue Rote Liste des AAD über Vögel (Stand 1.7.2022), des IUCN (jährlich aktualisiert), die Rote Liste des BfA.

Schlehe am Knick (Foto: A. Holm)
Die Haselmaus liebt Gehölz mit dichtem Wuchs von Bäumchen und Sträuchern im Wald, an Waldwegen und Knicks. Sie bevorzugt Brombeergestrüpp, Haselstrauch, Schlehe, Weißdorn, Faulbaum und andere Fruchtspender.

Nest einer Haselmaus, laut Experten zum Verwechseln ähnlich dem der Zwergmaus (Foto: A. Holm)
Ihre Nahrung ist vielfältig und der Jahreszeit angepasst: Knospen und Blüten, Insekten, Vogeleier, Schlehen, Brombeeren, Himbeeren, Bucheckern, Nüsse.
Nester von Haselmäusen unterscheiden sich von Vogelnestern. Sie bestehen aus einer Mischung von Laubblättern und Gräsern, sind etwa faustgroß, kugelrund und haben einen kleinen seitlichen Eingang. Die Haselmaus bewohnt mehrere Sommernester, die man oft in kleinen Astgabeln in Bodennähe (Höhe bis 2 m) findet. Haselmäuse sind jedoch Kletterakrobaten und kommen selbst in Bäumen in großer Höhe vor. Aber auch in Nistkästen und Baumhöhlen bringen sie ihre Jungen zur Welt. In der Regel handelt es sich um bis zu sechs blinde und nackte Jungtiere, die ca. sechs Wochen von der Mutter versorgt werden. Selten gibt es mehr als einen Wurf im Jahr. Die Tiere haben eine Lebenszeit von zwei bis sechs Jahren.
Haselmäuse überwintern oberflächennah in Bodennestern unter Laub und Moos. Ihr Winterschlaf dauert sechs bis sieben Monate. In dieser Zeit leben sie von den Fettreserven, die Atmung verlangsamt sich und ihr Herzschlag verringert sich auf wenige Schläge pro Minute. Dabei verlieren sie etwa 30% ihres Gewichts.
Aufgrund der Ähnlichkeit ist die Haselmaus mit anderen Mäusen leicht zu verwechseln. Man kann sie jedoch an mehreren Merkmalen von der grauen Maus unterscheiden: Sie hat ein goldgelbes Fell auf der Oberseite, an Brust und Kehle einen weißen Fleck. Ihr Schwanz ist behaart. Packt sie ein Feind am Schwanz, kann sie fliehen, indem sie ihre Schwanzhaut zurücklässt. Haselmäuse sind geschickte Kletterer. Allerdings sind sie kaum zu entdecken, da sie nachtaktiv sind. Zu ihren Feinden gehören Eulen, Hermeline, Marder, Wiesel, Dachse, Füchse, Katzen und Wildschweine.
Zwar ähnelt die Haselmaus einer Maus, gehört aber zu den Bilchen (Schlafmäusen) und ist verwandt mit Baumschläfer, Gartenschläfer und Siebenschläfer, die in Schleswig-Holstein nicht leben. In einigen Gebieten Schleswig-Holsteins sind Haselmäuse noch verbreitet, vor allem in den Kreisen Ostholstein (Naturpark Holsteinische Schweiz), Segeberg (etwa im Großraum Wahlstedt, wo sie u.a. der Weiterbau der A 20 bedroht) und bei Neumünster. Haselmäuse gibt es auch in Dänemark, England, Italien, der Ukraine und Türkei.
Wie können wir die bedrohte Haselmaus schützen? Hier eine Übersicht:
- Haselmausgerechte Knickpflege (nur kurze Abschnitte auf den Stock setzen, seitlichen Zuwachs nur im Winter schneiden)
- Höhlenbäume erhalten
- Neuanlage von Knicks, Aufwertung vorhandener Knicks
- Verzicht auf Straßenneubau, mehr Grünbrücken bauen
- Mehr biologische Landwirtschaft bietet mehr Insektennahrung, also...
- ...Bevorzugung von Bio-Lebensmitteln durch Verbraucher
- Potenziell geeignete Gebiete naturnah gestalten, Monitoring durch Kästen oder Röhren, Melden von Standorten
- Spenden für den Naturschutz, Mitarbeit in Naturschutzverbänden
Weitere Informationen:
- Naturpark Holsteinische Schweiz e.V., Robert-Schade-Straße 24, 23701 Eutin, 04521-77 56 540; info@naturpark-holsteinische-schweiz.de; www.naturpark-holsteinische-schweiz.de ; Spendenkonto Förde Sparkasse IBAN: DE32 2105 0170 0000 0088 96, BIC: NOLA DE21 KIE
- Haselmaus-Bericht (BR, ca. 24min, bis 2030): https://www.ardmediathek.de/video/anna-nina-pia-und-die-wilden-tiere/schlaf-gut-kleine-haselmaus/br/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvLzQ2NzgwMTM1LTlkNjUtNGE1Yi04MDVhLTRiYzdkMTI2NzAxNg?isChildContent
- Kontext A20-Weiterbau (N3-Bericht): https://www.youtube.com/watch?v=_XOyoh2XM7s
- Über das Smartphone-Tool der Observation App observation.de können Interessierte ihre Naturbeobachtungen speichern, verifizieren und das Vorkommen auch melden, um bedrohte Individuen zu registrieren.
Albert Holm

Nest einer Haselmaus (Foto: A. Holm)
