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Land wächst nicht nach

 „…Es reicht aber nicht, die Stadt muss weiter wachsen, wachsen, immer weiter wachsen! Dass Land aber nicht weiterwächst, scheint die Verantwortlichen  nicht zu interessieren. Und dass Wasser Flächen benötigt, um für die Neubildung von Grundwasser zu versickern, ebenfalls nicht. Und dass wir die Vielfalt unserer Natur zum Überleben benötigen, ebenfalls nicht. Hoffentlich begreifen die  Verantwortlichen bald, dass man Geld nicht essen kann…“

(Aus einem Leserbrief des Lesers Hans Georg Wasmus über Bad Bramstedt an die Segeberger Zeitung, 13.04.2022, S. 27)

„10.000 Tierarten leben mit oder von den Gräsern und Blüten unserer Wiesen. Aber viele sind stark gefährdet. Die industrialisierte Landwirtschaft hat viele heimische Weiden negativ verändert… Alles was so krabbelt, flattert, sich verpuppt, Blüten schnabuliert, schreit oder singt, wurde für das Filmprojekt von der Kameralinse eingefangen. Die Bedeutung von Artenvielfalt wird in spannenden Naturszenen erklärt…“

https://www.3sat.de/geheimnisvolle-wiesenwelt-100.html

(ca. 44 min; verfügbar bis 11.06.2022)

Unser Kommentar:

Kennen Sie diese Lebewesen? Steirische Fanghaft, Wanstschrecke, Osterluzeifalter, Rotbeiniger Erdbock,Wachtelkönig,Tapezierspinne?

Die Wiesen der Steiermark sind natürlich nicht vergleichbar mit Wahlstedter Grünland, das zugunsten von Wohn-, Gewerbe- und Industriebebauung vernichtet werden soll.

Aber dort wie hier hinterlassen Klimawandel und Flächenfraß ihre Spuren. Auch bei uns gibt es komplexe Wiesenlebensgemeinschaften. Auch hier regieren die Naturgesetze - mit allen Konsequenzen für die Zukunft unseres Planeten.

In der aktuellen Fachzeitschrift „Nature Rewiews Earth and Environment“ berichtet die Biologin Melanie Bergmann (Alfred-Wegener-Institut, Bremerhaven, AWI) über die Vermüllung der Arktis durch Kunststoffe:

  1. Die Arktis ist inzwischen ähnlich stark vom Plastikmüll betroffen wie andere Gebiete der Erde.
  2. Man findet hohe Konzentrationen von Mikroplastik am Meeresboden, im Wasser, an Stränden, in Eis und Schnee.
  3. Dies habe weitreichende Folgen für Lebewesen und Auswirkungen auf das Wetter und Klimageschehen.

Das AWI-Team hatte gemeinsam mit Forschenden aus Norwegen, Kanada und den Niederlanden Studien zum Plastikeintrag in der Arktis ausgewertet und zusammengefasst.

Demnach gelangen jährlich 19 bis zu 23 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Gewässer der Erde. Dies entspricht nach Aussage des Instituts  rund zwei LKW-Ladungen pro Minute. Der Abfall reichert sich in den Ozeanen an und zerfällt allmählich in immer kleinere Teilchen. Bis zum Jahr 2045 werde sich die Plastikproduktion der Welt vermutlich verdoppeln.

Der Großteil des Mülls im europäischen Teil der Arktis stammt aus der Fischerei. Meeresströmungen tragen zum weiteren Zustrom aus anderen Regionen bei.

Ferner könnte die zunehmende Vermüllung negative Auswirkungen auf das Weltklima zur Folge haben. Studien liefern „…Indizien dafür, dass eigeschlossenes Mikroplastik die Eigenschaften von Meereis und Schnee  verändert“ (Melanie Bergmann). Dunkle Partikel im Eis könnten dazu führen, dass mehr Sonnenlicht absorbiert wird und das Eis schneller schmilzt, was wiederum die globale Erwärmung verstärke. Außerdem bildeten Plastikteilchen in der Atmosphäre Kondensationskerne für Wolken und Regen, wodurch langfristig das Wetter und das Klima beeinflusst werden können.

Die Arktis erhitze sich aufgrund des Klimawandels dreimal schneller als der Rest der Welt.

(Quelle: Segeberger Zeitung, 06.04.2022, S. 28)

Weitere Hinweise:

https://www.tagesschau.de/inland/arktis-plastikmuell-101.html

https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/plastik-verschmutzung-arktis-ozean-studie-awi-bremerhaven-104.html

https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/plastik-studie-folgen-awi-wwf-bremerhaven-100.html

„Indien gehört zu den größten Schuhproduzenten weltweit. 2,6 Milliarden Paare sind es pro Jahr. Auch viele deutsche Markenhersteller lassen hier ihre Kollektionen fertigen… Die Lieferketten sind oft undurchsichtig, Einblicke in die Produktionsbedingungen unerwünscht. Denn die Arbeit ist gefährlich, mit fatalen gesundheitlichen Folgen. Ein Film über den wahren Preis unseres Schuhwerks…“

 (29.03. 2022, ca. 45 min)

https://www.3sat.de/gesellschaft/politik-und-gesellschaft/dreckiges-leder-schuhe-100.html

Der Wiedehopf, ein unverwechselbarer Zeitgenosse, wurde zum Vogel des Jahres 2022 nominiert.

„Der Wiedehopf, der Wiedehopf,
der bringt der Braut nen Blumentopf.
Fiderallala, fiderallala, fiderallalalala.“

Viele Menschen kennen ihn nur aus dem Lied von der Vogelhochzeit, haben ihn aber noch nie zu Gesicht bekommen, weil er selten geworden ist. Umso bedeutsamer sind Initiativen, die diesem prächtigen Vogel neue Lebensräume erschließen -  wie z.B. in Ostbrandenburg (Altranft-Sonnenburg).

Wiedehopf

 „Wiedehopf (Upupa epops). …Langer, gebogener, dunkel gefärbter Schnabel, große, aufrichtbare Kopfhaube, orangebräunliches Gefieder mit  auffallend schwarz-weiß gebänderten Flügeln …Ruf weit hörbar >> pupupu << …Höhlenbrüter. 28 cm.“ (Pareys Vogelbuch, 1972, S. 190)

Bemerkenswert ist die in der Vogelwelt einzigartige Geheimwaffe der Küken und der Weibchen des Wiedehopfs. Mit dem Bürzel können sie Angreifer mit Hilfe eines stinkenden Sekrets abwehren, das sie notfalls mehrfach bis zu einem Meter weit versprühen.

Ausführliche Informationen mit schönen Fotos des Vogels findet man im Frühjahrsheft 2022 von Naturschutz heute (NABU), S. 8 – 15.

A. Holm

Mit vielen Pestiziden belastet sind auch Insekten, die in Naturschutzgebieten leben. Das beweist eine neue Studie des NABU (Quelle: Naturschutz heute, Frühjahr 2022, S. 18).

In dem Projekt DINA (Diversity of Insects in Nature protected Areas) wurde über zwei Jahre die Insektenvielfalt in 21 Naturschutzgebieten dokumentiert. Man beschränkte sich hierbei auf Daten aus Mai und August 2020, also Monate, in denen normalerweise keine Pestizide ausgebracht werden.

Aber: Durchschnittlich belasteten 16 Pestizide die Insekten  - trotz des hohen Schutzstatus der Gebiete.

Laut Studie nehmen die Insekten die Schadstoffe auf landwirtschaftlich genutzten Flächen im Umkreis von zwei Kilometern auf. Sie haben jedoch oft einen Flugradius, der die größtenteils kleinflächigen Naturschutzgebiete überschreitet. Hinzu kommt, dass die meisten Schutzgebiete oft konventionell land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden.

„Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Forderungen des NABU, den Pestizideinsatz deutlich zu reduzieren….“

www.NABU.de/Pestizide-NSG

„Die Doku beruht auf exklusiven Recherchen, die in den gleichnamigen Fernsehfilm eingeflossen sind… Jahrelang hat ein internationaler Getränkekonzern sich bemüht, für seine Abfüllanlage bei Lüneburg ein großes Grundwasserreservoir zu erschließen. Das Wasser liegt so tief, dass der Konzern und die zuständigen Behörden davon ausgehen, dass die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung nicht angegriffen wird… Daniel Harrich geht mit Hilfe von Wissenschaftlern der Frage nach, wie kritisch die Lage durch das geplante Abpumpen der Wasservorräte tatsächlich werden könnte…

…Der Fall zeigt, was uns allen bevorsteht, wenn es zunehmend Verteilungskämpfe um die knapper werdenden Grundwasservorräte gibt."

Kurz gesagt: Wem gehört das Trinkwasser?“

https://www.daserste.de/unterhaltung/film/unser-wasser/doku/index.html

(Ca. 30 Min., 16.03.2022, verfügbar bis 16.03.2023) 

Die vierte Auflage des „Wasserreports“ sieht trübe aus, teilt Manfred Mödinger (Ingenieur für Getränketechnologie und Brauwesen) mit. Verschlechterungen der verfügbaren Wasserqualität seien leider eher die Regel. Mödinger erforscht für die Qualitätsgemeinschaft für Mineralwasser Wasservorkommen in Deutschland.

Einerseits nehmen Pestizidnachweise im untersuchten Wasser zu und Nitratvorkommen nicht ab. Gleichzeitig sind die Erkenntnisse  aus Daten von Bund und Ländern fast ausnahmslos veraltet und lückenhaft. Nur Baden-Württemberg untersucht alle ein bis zwei Jahre sein Grundwasser flächendeckend. Untersuchungsergebnisse aus den übrigen Bundesländern sind sind spärlich. Vor allem in Rheinland-Pfalz (letzte veröffentlichte Prüfergebnisse: 2013) und in den östlichen Bundesländern gebe es eine dürftige Datenlage.

Trotzdem werde deutlich, dass unsere Wasservorkommen in einem besorgniserregenden Zustand sind, denn „…Bei 26,7 Prozent aller Grundwassermessstellen bundesweit liegen die Nitratkonzentrationen über dem gesetzlichen Grenzwert für Leitungswasser.“

Nitratwerte seien die einzigen Schadstoffwerte, die bundesweit untersucht werden. Nur vereinzelt untersucht würden  Industrieschadstoffe, Pestizide und Arzneimittelrückstände.  Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit waren bei uns 2020 etwa 1000 Pestizide zugelassen. Diese würden sich auf dem Weg ins Grundwasser in giftige Zerfallsstoffe zerlegen. Zwar bestehe keine unmittelbare Gesundheitsgefahr, aber auf lange Sicht wissen wir nicht, welche Gesundheitsrisiken dies berge. Es sei nur eine Frage der Zeit.

(Quelle: LN, 15.03.22, S. 23)

„Das Miteinander wird gestärkt, der Schilderwald wird gelichtet.“ (Ulf Kämpfer, Kiels Oberbürgermeister)

Im Juli 2021 gründeten Städte des Deutschen Städtetages eine Initiative: „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“. Inzwischen sind 77 weitere Städte dem Bündnis beigetreten, darunter Großstädte wie Düsseldorf, Frankfurt/M., Köln und Saarbrücken. Kürzlich schloss sich unsere Landeshauptstadt Kiel an.

Das Bündnis gründet sich auf einen Beschluss des Bundestages vom 17.01.2020, der den Bund auffordert, es den Kommunen zu erleichtern, „innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30km/h für ganze  Straßen…anzuordnen“ -  unabhängig von besonderen Gefahrenlagen und für Hauptverkehrsstraßen.

So rückt die Möglichkeit näher, dass flächendeckend ganze Kommunen als Regelgeschwindigkeit Tempo 30 km/h innerorts einführen könnten, selbst auf Hauptverkehrsstraßen.

Bisher verhindert das geltende Bundes-Straßenverkehrsrecht, dass Kommunen Tempo 30 nach eigenem Ermessen anordnen können. Das Bündnis möchte nun eine Gesetzesänderung erreichen.

Der Antrag zählt ausführlich Gründe auf: Geringerer Lärm, sauberere Luft, Verringerung des Schilderwaldes, Vereinfachung der Regeln, mehr Sicherheit und Aufenthaltsqualität für alle Verkehrsteilnehmer.

Aus der Erklärung des Städtebündnisses:

„1. Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen.

2. Wir sehen Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume.

3. Wir fordern den Bund auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen…

4. Wir begrüßen ein vom Bund gefördertes begleitendes Modellvorhaben, das wichtige Einzelaspekte im Zusammenhang mit dieser Neuregelung…untersuchen soll (u.a. zu den Auswirkungen auf den ÖPNV, zur Radverkehrssicherheit…)…“

(Quelle: SZ, 03.03.2022, S. 5)

Derartige Möglichkeiten könnten auch den Verkehrsfluss auf Wahlstedts Straßen entschleunigen und sicherer machen. Viele Fahrbahndecken sind Buckelpisten und in einem jämmerlichen Zustand, Radwege fehlen, sind zu schmal oder enden im Nichts, Kantsteine sind nicht abgesenkt. Wer bei Besorgungen auf das Auto verzichten möchte, lebt als Radfahrer gefährlich, weil Tempo 50 km/h (oder schneller!) und mangelnde seitliche Sicherheitsabstände das Fürchten lehren. Noch heikler wird es in Begleitung von Kindern.

Das Thema Verkehrsberuhigung könnte beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das derzeit in Wahlstedt entwickelt wird, eine wichtige Rolle spielen!

Es stünde Wahlstedt gut zu Gesicht, schwächere Verkehrsteilnehmer besser zu schützen. Nicht zu vergessen: Weniger Lärm bedeutet mehr Lebensqualität!

A. Holm

„Bis in die 1970er-Jahre hat jede Gemeinde ihren Abfall dorthin gekippt, wo gerade Platz war. Welcher Müll wo genau liegt, bleibt bis heute oft unklar. Eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit

https://www.3sat.de/wissen/wissenschaftsdoku/220303-sendung-wido-100.html

(44 Min., 03.03.2022; verfügbar bis 03.03.2027)

…In Deutschland existieren schätzungsweise bis zu 100.000 solcher Müllkippen. Ob sie im Altlastenkataster der Gemeinden eingetragen sind und wer für die Sanierung haftet, ist oft unklar.

Viele der unkontrollierten Kippen sind nach Jahrzehnten noch problematisch. Während die Deponierung und Wiederverwertung heutzutage bis ins Kleinste geregelt sind, war man damals froh, die Abfälle einfach irgendwo in einer Grube entsorgen zu können...

Sie belasten … das Grundwasser durch Schadstoffe oder setzen giftige Deponiegase frei. Helmut Meuser, Professor für Bodensanierung und Bodenschutz an der Hochschule Osnabrück, untersucht solche alten Müllkippen und warnt: "Wir müssen die Standorte im Auge behalten - und möglichst sanieren." Doch das ist teuer.

Viele Städte und Gemeinden als Verursacher der Altlasten scheuen die enormen Kosten. Beseitigung und Sanierung einer einzelnen Fläche kosten schnell viele Millionen Euro. Die Altlasten sind nicht nur ein Gesundheitsrisiko, sie sind auch völlig wertlos für das Rohstoffrecycling…“

Auch bei uns in Wahlstedt gibt es derartige Flächen. Sie sind dem Katasteramt in Bad Segeberg bekannt. Vermutlich gibt es hier auch Zusammenhänge mit den industriellen Wurzeln unserer Stadt sowie dem Handeln in der Nachkriegszeit.

Wer vor Kriegsende oder kurz danach geboren wurde, hat nicht nur mit Trümmerlandschaften Bekanntschaft gemacht, sondern stieß zwangsläufig immer wieder auf Relikte der Kriegsführung. Erdlöcher und Gewässer boten zahlreiche Gelegenheiten, sich der Helme, Uniformabzeichen, Bajonette, Pistolen und Gewehre sowie Munition schnell zu entledigen.

Trotz Warnungen der Eltern suchten neugierige Kinder und Jugendliche nach solchen "Trophäen". Manchmal wurde mit scharfer Munition experimentiert. Ich erinnere mich, dass in einer gefluteten ehemaligen Kiesgrube in Hamburg-Jenfeld LKW-weise große Mengen an Waffen und Munition entsorgt worden waren, die man noch Jahre später herausfischte und sammelte. Später schütette die Stadt Hamburg die Grube zu.

Und regelmäßig lesen wir in den Medien von Blindgängern und in den Meeren versenkten, verrottenden Sprengkörpern.

A. Holm